Forschungsschwerpunkte

Die Forschungstätigkeiten im ZfKJ hatten zunächst ihren Schwerpunkt im Bereich der Jugendhilfe. So wurde im Jahr 2003 eine große, BMBF-geförderte Studie zur Untersuchung der Auswirkungen neuer Steuerungs- und Finanzierungsmodelle auf Jugendhilfeleistungen, im Speziellen der Sozialpädagogischen Familienhilfe, begonnen.

In mehreren Projekten wurden die Entstehung von Gewalt an Schulen untersucht und wirkungsvolle Interventionsstrategien („Freiburger Anti-Gewalt-Training“) entwickelt. In diesem Zusammenhang wurden auch vier große Europäische Kooperationsprojekte (Finanzierung: EU) mit Partnern aus Schweden, Polen, Frankreich, der Schweiz und Portugal durchgeführt. Hier wurde eine Forschungslinie von der Statuserhebung in den beteiligten Ländern (Professional support for violent young people. Results of a comparative European study), über die Entwicklung von entsprechenden Qualifizierungsmaßnahmen für LehrerInnen und Sozialarbeiter*innen/-pädagog*innen (Developing quality-based support for young people with violent behaviour. Experiences and results of a European research-practice transfer project) bis hin zur Prävention gewalttätigen Verhaltens (Violence Prevention and Resilience Promotion in Schools. Report about the international research project STRONG – Supportive Tools for open-minded and non-violent Grassroots work in schools) realisiert.

Mit der Einrichtung des BA Studiengangs „Pädagogik der Kindheit“ und später noch deutlicher mit dem Aufbau des MA Studiengangs „Bildung und Erziehung im Kindesalter“ an der Evangelischen Hochschule verlagerten sich die Forschungsschwerpunkte in das Feld der (früh)kindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Die Studien lassen sich drei Schwerpunkten zuordnen:

Ein Schwerpunkt des ZfKJ wurde die Qualitäts- und Kompetenzentwicklung. Hier wurde die Kompetenzentwicklung frühpädagogischer Fachkräfte in Expertisen (für das BMFSFJ und DJI/WIFF) wie auch in eigenen Forschungsprojekten untersucht (Kompetenzorientierung in der Qualifizierung frühpädagogischer Fachkräfte; Förderung durch BMBF). In dem Projekt „Begegnungen – Gestützte Begegnungen zwischen Hochaltrigen und Vorschulkindern zur Verbesserung von Lebensqualität und sozialer Teilhabe“ wurden im Zeitraum September 2011 bis August 2014 unterschiedliche Möglichkeiten der professionell begleiteten und unterstützten Begegnung zwischen Kindern aus Kindertageseinrichtungen und Menschen in Einrichtungen der Altenhilfe erprobt und hinsichtlich ihrer Wirkungen untersucht. Das an der EH Freiburg von einem interdisziplinären Team aus dem Bereich der Kindheitspädagogik (ZfKJ, Zentrum für Kinder- und Jugendforschung) und der Gerontologie (AGP Sozialforschung, Institut für angewandte Sozialforschung) realisierte Projekt wurde vom BMBF im Rahmen der Förderrichtlinie „Soziale Innovationen für Lebensqualität im Alter“ (SILQUA-FH) 2011 innerhalb des Programms „Forschung an Fachhochschulen“ gefördert. Das wissenschaftliche Interesse an einer profunden prozess-begleitenden Analyse von intergenerativen Begegnungen und ihren möglichen Wirkungen leitete sich aus der Kenntnis ab, dass zwar verschiedene Praxiserfahrungen institutioneller alltagsnaher Begegnungen zwischen Jung und Alt aus dem deutschsprachigen Raum – beispielsweise aus Mehrgenerationenprojekten – vorliegen, es jedoch an einer systematischen Evaluation solcher Begegnungen mangelt. Das Projekt BEGEGNUNGEN betrat damit sowohl mit seinem interdisziplinären Ansatz als auch mit der Entwicklung angemessener und durchführbarer Evaluationsinstrumente in vielerlei Hinsicht Neuland (vgl. Weltzien et al., 2014; Weltzien et al., 2013; http://intergenerative-begegnungen.eh-freiburg.de.

Die Entwicklung multiprofessioneller Teams stand im Focus einer Langzeituntersuchung (Multiprofessionelle Teams in Kindertageseinrichtungen. Evaluation der Arbeitsprozesse und Arbeitszufriedenheit von multiprofessionell besetzten Teams in Baden-Württemberg.; Förderung: Kultusministerium Baden-Württemberg). Weiterhin wurden Studien zur Entwicklung der Absolvent*innen der BA Studiengänge (Studie zur Berufsentwicklung der Absolvent*innen kindheitspädagogischer Studiengänge in Baden-Württemberg) durchgeführt und ein Curriculum zur Qualifizierung in dem wichtigen Bereich der „Zusammenarbeit mit Eltern“ entwickelt, erprobt und evaluiert (Zusammenarbeit mit Eltern. Grundlagen für die kompetenzorientierte Weiterbildung, Förderung: Robert Bosch Stiftung).

Eine große Bedeutung in diesem Schwerpunkt hat die Förderung der professionellen Interaktionskompetenz pädagogischer Fachkräfte. Hier wurden zunächst verschiedene trägerfinanzierte Projekte finanziert, die die alltagsintegrierte Sprachförderung durch eine videogestützte Kompetenzförderung der Fachkräfte im Hinblick auf die Gestaltung von Interaktionsgelegenheiten im Alltag (GInA) voranbringen sollten. Die aus diesen Praxisprojekten heraus entwickelten Instrumente wurden auch zur Evaluation von Qualitätsentwicklungsprojekten im Rahmen der Offensive Bildung („1, 2, 3 – Die Jüngsten im Blick“, „HeVeKi“, Förderung BASF/Diakonisches Werk Pfalz) eingesetzt. Zudem wurden die videogestützten Methoden zur Beobachtung und Reflexion für die Aus- und Weiterbildung weiterentwickelt und werden aktuell in einem umfangreichen Inklusionsprojekt („InkluKiT“, Förderung: BMBF) eingesetzt. Hierbei werden Videosequenzanalysen von Fachkraft-Kind-Interaktionen aus dem pädagogischen Alltag sowohl für die Kompetenzentwicklung auf Fachkraft-/Teamebene (Prozessbegleitung mit Reflexionsschleifen) als auch zur summativen Evaluation (Prä-/Post) des Projektverlaufs eingesetzt.

Im Schwerpunkt „Kindliche Entwicklung und seelische Gesundheit“ wurden und werden Projekte zur Förderung der Resilienz in Krippen (im Rahmen des Gesamtprojekts „Innovative pädagogische Arbeit im U3-Bereich“, Finanzierung: Stiftung Kinderland Baden-Württemberg), Kindertageseinrichtungen („Prävention und Resilienz in Kitas“; Förderung über die Aktion Mensch) und Grundschulen („Grundschule macht stark“; Förderung: Stiftung Kinderland, BW) realisiert und wissenschaftlich ausgewertet. Während in den Resilienzprojekten eher die Perspektive der universellen Prävention eingenommen wurde, trat daneben das Thema „Herausforderndes Verhalten in Kindertageseinrichtungen“ (HeVeKi) in den letzten Jahren – im Sinne indizierter und selektiver Prävention – in den Vordergrund. Auch hier zeigt sich eine Entwicklungslinie von einer breiten Bestandsaufnahme (Fröhlich-Gildhoff et al., 2013) hin zur Entwicklung von systematischen Interventionskonzepten und Qualifizierungsmaßnahmen für pädagogische Fachkräfte (HeVeKi I + II). In Kooperation mit der „Offensive Bildung“ (Finanzierung: BASF SE; Organisation: DW Pfalz) wurden die Erkenntnisse aus den ersten Resilienz- und „HeVeKi“-Projekten weiter in einer größeren Zahl von Kitas verbreitet und auch sorgfältig evaluiert.

Ein nächster Schritt war die Realisierung des großen Projekts „Präventionsnetzwerk Ortenaukreis“ (PNO, Förderung: BMBF im Rahmen der Linie „Gesundheits-Dienstleistungsregionen für morgen“): Hier wurde der Aufbau einer kommunalen Präventions- und Gesundheitsförderungsstrategie im Ortenaukreis verbunden mit der systematischen Organisationsentwicklung von Kitas und Grundschulen zu gesundheitsförderlichen Einrichtungen.

In allen Schwerpunkten wurden Instrumente und Methoden entwickelt, um Prozesse in der Praxis möglichst gut zu erfassen, aber auch die kindliche Entwicklung so abzubilden, dass hieraus Orientierungen für die Praxis und professionelles Handeln erfolgen können. Dies beinhaltet ein breites Spektrum an quantitativen und qualitativen Methoden – ein besonderer Schwerpunkt sind Kombinationsdesigns. Als vierter Schwerpunkt hat sich aus verschiedenen Forschungs- und Evaluationsprojekten heraus daher die Instrumenten-/Methodenentwicklung entwickelt. Aufgrund der interdisziplinären Zusammensetzung des Teams mit jeweils spezifischen theoretischen Zugängen und Methodenkompetenzen haben sich hieraus innovative Verfahren entwickelt, die auf breites Interesse in Forschung und Praxis stoßen. Hierzu gehören Instrumente zur Erfassung des Selbstkonzepts von Kindern (SKF, Engel, 2015) und ihrer Resilienzfähigkeit (Resilienzskala für Kinder; Fröhlich-Gildhoff, 2017) sowie die aktuelle Entwicklung eines Einschätzbogens zur Bindungssicherheit (EIBiS Fröhlich-Gildhoff, Söhnen et al., 2017). Die videogestützte Einschätzung von Interaktionskompetenzen pädagogischer Fachkräfte wurde sowohl für Forschungszwecke (GInA-E; Weltzien et al., 2017) als auch für die Fachpraxis bzw. Aus-/Weiterbildung entwickelt (Weltzien, Bücklein & Huber-Kebbe, 2018). Für die Förderung der Resilienzfähigkeit im Kindesalter wurden pädagogische Programme entwickelt und evaluiert (PRiK, PRiGS); für die Qualifizierung von Fachkräften bzw. zur MultiplikatorInnenausbildung wurden Manuals entwickelt und erprobt, die die Zusammenarbeit mit Eltern (ZmE), den kompetenten Umgang mit herausfordernden Verhaltensweisen (HeVeKi) sowie die dialogische Gestaltung der pädagogischen Praxis (GInA) umfassen.

Als zentrales Merkmal des Zentrums für Kinder- und Jugendforschung (ZfKJ) kann damit die Klammer „Forschung+Praxis/Praxis+Forschung“ bezeichnet werden. Unsere Projekte haben das übergeordnete Ziel, für Kinder und ihre Familien Entwicklungsräume zu schaffen und die pädagogische Praxis in ihrer fachlichen Entwicklung bestmöglich zu unterstützen. Unser Herangehen ist multiperspektivisch und gegenstandsangemessen. Die Begleitforschung orientiert sich an hohen ethischen und methodologischen Standards und nimmt einen multiperspektivischen Blick ein. Neue Erkenntnisse werden in der engen Zusammenarbeit mit Teams, Leitungskräften und Trägern in die Praxis gegeben und über unsere Transferangebote und Publikationen einer breiten Fachöffentlichkeit zugänglich gemacht.